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"... die Akzeptanz des Andersseins steigern"

Mitte Oktober 2018 hat Herausgeberin Christina Hartmann im Rahmen einer begleitenden Ausstellung in der Dortmunder Auslandsgesellschaft das Buch "Das erste Mal, als ich das Meer sah" vorgestellt. Darin erzählen sieben Geflüchtete - darunter eine ehemalige Schülerin unserer Schule - in Interviews über ihre alte Heimat, den Entschluss zur Flucht, die Ankunft in Deutschland und ihre Vorstellungen von der Zukunft. Christina Hartmann stand am Rande der Ausstellung einem Vertreter unserer Schule für ein Interview zur Verfügung.

Was hat Sie zu diesem Buch bewogen?
Nachdem ich durch den Verein ProMensch, den ich seit der Gründung 2015 mit grafischen Arbeiten unterstütze, von verschiedenen Schicksalen Geflüchteter in Kamen gehört hatte und über deren Wohnsituation aufgeklärt wurde, erschienen meine eigenen Probleme - z.B. Zeitnot, Stress mit Deadlines im Studium, keine Kohle für die neuen weißen Sneaker - fast lächerlich.
Aber ich habe meine eigene Wohnung, den Luxus der kostenfreien Bildung, ich kann in Urlaub fahren - ohne Visum. Es gibt Essen und Trinken in gigantischer Auswahl und man kann sich über das Internet am Sonntagabend die krosse Lieblingspizza zur Haustür bringen lassen.
Angesichts dieser Diskrepanz habe ich mich entschieden, dieses Buch herauszugeben - um zu zeigen, dass es vielen Geflüchteten in ihrer Heimat doch ganz anders ging und es für sie auch hier nicht unbedingt zum Besten steht. Allerdings möchte ich Verallgemeinerungen vermeiden - daher die Porträts einzelner.

Nach welchen Kriterien haben Sie die sieben Geflüchteten ausgewählt, die in dem Buch zu Wort kommen? 
Es gab keine. Jeden, der mir seine Geschichte erzählen wollte, habe ich dankend angenommen. Manche sind verständlicherweise abgesprungen und wollten ihre Erlebnisse einfach nur noch vergessen. Andere hatten Angst. Die kulturelle Vielfalt, die in dem Buch erkennbar wird, ist glücklicherweise durch Zufall entstanden.

Ist es den Geflüchteten schwergefallen, die teilweise traumatischen Erlebnisse auf ihrer Flucht quasi „öffentlich“ zu machen?
Ja, definitiv. Es wurde oft sehr emotional, wenn sie die Geschichten nochmal erzählen mussten. Einige sogar zum ersten Mal. Das, was mich nachhaltig beeindruckt hat, ist der Kampfgeist dieser Menschen. Wenn sie ihre Schicksale noch einmal durchlebten, standen ihnen und mir die Tränen in den Augen. Dennoch sind es genau diese Momente, die auch andere Menschen berühren und ihnen die Augen öffnen können: Den Weg auf sich zu nehmen, z.B. um Krieg zu entfliehen, nicht in den Krieg ziehen zu müssen oder aufgrund von Verfolgungen.

Welche Hoffnungen oder Erwartungen verbinden diese Personen mit ihrem „neuen“ Leben in Deutschland? 
Ein freies Leben ohne Angst. Die Möglichkeit, ihre Meinung frei zu äußern. Nicht für den Krieg eingezogen zu werden. Frieden. Job und Familie.

Was versprechen Sie sich als Herausgeberin von der Veröffentlichung des Buches?
Ich bin der festen Überzeugung, dass das, was diesen Menschen passiert ist, niemanden kalt lässt. Das Buch soll als Sprachrohr dienen, Solidarität und die Akzeptanz des Andersseins verstärken und Rassismus verhindern. Mein Ziel ist, dass man den einzelnen Menschen unter den Geflüchteten sieht. Und ich möchte zeigen, dass ein multikulturelles Miteinander keinen Rückschritt darstellt, sondern dass wir von den Einflüssen auch "profitieren" werden.